„Flip-Flop“: Flippige Marke oder gefloppter Markenname?

Neue Marke

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Flip-Flop ist auf dem deutschen Markt das, was sich viele Markeninhaber schon beim ersten Branding-Gedanken für ihre Marke vorstellen: Gattungsbegriff, d.h. Synonym für ein Produkt, ein Angebot.

Dies gilt auch für Markennamen wie „Uhu“, „Tempo“, „Ohropax“, „Fön“ oder auch „Google“. Gemeinsames Merkmal dieser Worte: Sie lassen in den Köpfen einer breiten Zielgruppe ein klares Bild für ein bestimmtes Produkt oder eine Leistung entstehen. Und sind quasi namentliche Stellvertreter für eine Vielzahl ähnlicher Produkte, deren Namen in der Aufmerksamkeit der Zielgruppe um den 2. oder 3. Rang buhlen.

So werden Zehentrenner-Sandalen mittlerweile Flip-Flops genannt, der transparente Klebstoff ist zum Uhu geworden, die Papiertaschentücher zu Tempos und auch bei Ohrstöpseln, dem Haartrockner oder der Suchmaschinenrecherche handelt es sich kaum noch um gängige Begrifflichkeiten. Stattdessen holt man Ohropax in der Drogerie, den Fön womöglich gleich mit und die passende Adresse eines lokalen Geschäfts lässt sich ganz schnell googeln. 

Wir bewegen uns inzwischen in einer Welt, in der Markennamen alltäglich und wie selbstverständlich als Bezeichnung einer Produktkategorie gebraucht werden. Doch wie erreichen Markennamen diese Stellung?

Der Erste macht das Rennen

Ein möglicher Ansatz ist der „Erstlingsfaktor“. Hier ist nicht nur die originelle Produktidee, die nächste digitale Lösung, der bahnbrechende gedankliche Ansatz gemeint.

Sei der Erste und vor allem: Sprich darüber. 


Reih dich nicht ein, versuche nicht, im Land der Vertrautheit deinen Platz zu finden. Sei mutig, finde deine eigenen Worte und mach eine neue Schublade im Gehirn deiner Zielgruppe auf. 

Diese doppelte Alleinstellung wird an der Markenentwicklung Ohropax deutlich. 

Deren Erfinder Max Negwer war nicht der Erste, der auf die Idee kam, eine Art Gehörschutz-Stöpsel zu entwickeln. Aber er war der Erste, der mit einem für damalige Verhältnisse „gebrauchstüchtigen Ruheprodukt“ 1911 an den Markt ging und den Namen Ohropax als Marke eintrug. In jeder Hinsicht einzigartig, wenn man bedenkt, dass die Alternativen zum damaligen Zeitpunkt aus fettgetränkten Ohrenbinden, aus Blei oder auch aus Metall bestanden. Bis heute ist der Name in allen Ohren, unterstützt durch den Claim „Erfinder der Ruhe“. 

Bereits im späten 19ten Jahrhundert wurde in Frankreich der elektrische Haartrockner erfunden. Erst einige Jahre später (1908), ließ die Firma Sanitas schließlich ein vergleichbares Produkt auch namentlich markenrechtlich schützen: den Fön. So war es nicht der Erfinder, der die sprichwörtlichen Lorbeeren für die Produktneuheit erntete, sondern das namensgebende Unternehmen, dass die vermeintliche Neuheit unter einer neuartigen und merkfähigen Bezeichnung vermarktete. 

In der Kürze liegt die Würze

Neben dem oben beschriebenen Erstlingsfaktor vereint viele aus Markennamen entstandene Gattungsbegriffe, dass sie durch die Bank weg sprachökonomischer als ihr Ausgangsbegriffe sind. 

Damit ist nicht gemeint, dass nur kurze Namen den Weg in die Merkfähigkeit finden. Vielmehr ist der Weg der Einprägsamkeit kürzer.

Denn unter Sprachökonomie versteht man die natürliche Neigung von Sprachnutzern, so auf die Kommunikation Einfluss zu nehmen, dass sich Sender und Empfänger mit einem beidseitig möglichst geringen Aufwand verstehen. Sprachökonomie wird als einer der Hauptgründe für Sprachwandel angesehen. Also auch das Phänomen: Markenname wird zu Kategorienbezeichnung

Entsprechend nahe liegt die These, dass sich Gattungsbegriffe in einigen und bei uns sogar in allen Fällen einfach „besser“ dazu eignen, den gleichen Inhalt bei geringerem Aufwand zu vermitteln, als es die Ausgangsbegriffe tun. So gehen Worte wie „Googeln“ oder „Flip-Flop“ sicherlich einfach leichter über die Lippen als „Suchmaschinenrecherche“ oder „Zehentrenner-Sandalen“. 

Namen erzeugen Bilder

Noch interessanter ist allerdings die Tatsache, dass „Gattungs-Markennamen“ sehr bildlich oder – wie im Marketing oft diskutiert – sehr stark Storytelling orientiert wirken.

Der warme Luftstrom des Föns aus den Bergen, das Geräusch des Flip… Flop… beim Auftreten, der „Friede für die Ohren“: Aus Naming-Perspektive klassisch symbolische Namen. Typologisch betrachtet gehen auch mit Uhu und Tempo zwei lexikalische Namen an den Start, denen über eine klare Markenkommunikation eine neue Bedeutung, ein neuer Inhalt zugewiesen wurden. 

Verständlich, dass viele Unternehmen auf diesen vermeintlich so geschmeidig laufenden Zug aufspringen wollen. Nicht selten daher unter den Benennungserwartungen: Einen Begriff wie „Apple“ finden, den jeder kennt und bald darunter nur noch die beworbenen Produkte im Sinne hat.
Die markenrechtlichen Komponenten an dieser Stelle mal bei Seite geschoben: Entscheidend ist für die Wirkung des Namens die Verknüpfung von Wort, Symbolkraft und Bezug zum Produkt. 

Naming allein ist kein Selbstläufer

Entweder greift das gewählte Symbol einen relevanten Mehrwert, eine hervorstechende Eigenschaft, ein produkttypisches Merkmal auf… Oder es muss gelingen, zwei voneinander unabhängige Markenelemente – Wort und zu benennendes Thema – zu einer Einheit werden zu lassen.

Je höher der Faktor „Ungewöhnlich“ hier ist, umso mehr Potenzial bietet sich in der Ausgestaltung. Den Anker für eine Markengeschichte setzen, die inspiriert, interessiert. Und je konsequenter die verbale Identität in Produkt- und Markensprache, in Kampagnen, Vertriebsgesprächen und auf allen Kanälen umgesetzt wird, umso schneller und wirkungsvoller der Erfolg.

Die Kehrseite der Medaille 

Ist es nun ein erstrebenswertes Ziel, mit dem eigenen Markennamen zum Gattungsbegriff zu werden? Oder verbirgt sich hier auch eine Gefahr? Die Marke Flip-Flop durchläuft gerade diese Situation.

Ursprünglich kamen die Zehentrenner-Sandalen schon um die 50er Jahre herum aus Japan, wo sie den Zori-Sandalen nachempfunden wurden. Von dort aus gelangten sie dann nach Amerika, wo der onomatopoetische Begriff „flip-flop“, der dem Klang des Auftretgeräusches ähnlich ist, zum Oberbegriff dieser Art Schuhe wurde. 

In Deutschland ging der Name einen umgekehrten Weg: 1997 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet, etablierte sich der Name Flip-Flop für alle Produkte mit vergleichbarem Design und, oberflächlich betrachtet, von ähnlicher Beschaffenheit. 

Erst Flip, dann Flop? Wenn Markenname und Gattungsbegriff identisch sind, kann dies ebenso wirtschaftliche wie auch markenrechtliche Konsequenzen haben. Eines der Risiken ist, dass der Markenname nicht (mehr) die Einzigartigkeit und Alleinstellungsmerkmale des Produktes zu repräsentieren, für das er eigentlich stehen sollte. 

Kunden, die beispielsweise in einem Schuhladen nach Flip-Flops fragen, in dem Zehentrenner-Sandalen anderer Marken verkauft werden, werden ganz selbstverständlich in den Verkaufsbereich der gleichartigen Produkte verwiesen. Unabhängig davon, ob die Marke Flip-Flop tatsächlich vertreten ist. Gleiches Szenario ist sowohl in der Elektroabteilung beim Kauf eines „Föns“ sowie im Drogeriemarkt bei der Frage „wo finde ich denn die Tempos“ zu beobachten.

Umsatzeinbußen für die Marke selbst sind die logische Konsequenz, wenn gleichartige Produkte anderer Hersteller unter dem eigenen Markennamen in die Kaufentscheidung einbezogen werden.

Darüber hinaus kann es so weit kommen, dass der Markeninhaber die Möglichkeit zur Durchsetzung seiner Markenrechte gegenüber Dritten verliert. Warum? Weil sich der Markenbegriff zu einer warenbeschreibenden Bezeichnung entwickelt – einem sogenannten „freihaltungsbedürftigen“ Begriff. Und damit die Grundlage für einen Antrag auf Löschung der Marke vorgibt.

So geschehen bei Flip-Flop. Die Löschung der Marke wurde im April 2022 durch das OLG Zweibrücken veranlasst — knapp fünf Jahre nachdem Klägerinnen, die „Havaianas“ Zehentrenner-Sandalen vertreiben, einen entsprechenden Antrag eingereicht hatten. Damit verliert Flip-Flop nicht nur den Markenschutz, das heißt auch den Anspruch auf Alleinnutzung und exklusive Bewerbung der eigenen Produkte unter dem Namen. 

Und nun?

Sind wir weiterhin im Sinne unserer Kunden der Überzeugung, dass Markeninhaber nicht davor zurückschrecken sollten, ihre Marke auf ein ähnliches Bekanntheitsniveau zuzubewegen. Und dabei ihre sprachliche Alleinstellung zu forcieren. Denn das Wissen um die vermeintlich negativ konnotierten Nebeneffekte, die mit der Entwicklung einer Marke hin zum Gattungsbegriff einhergehen können, ändert nichts an den Grundprinzipien eines jeden Markenerfolgs. 

Marke sein, heißt anders sein. Heißt Alleinstellung, heißt bekannt sein, heißt, sich durch den Namen und ein sprachlich eigenständiges Produkt- oder Dienstleistungsversprechen vom Wettbewerb abzugrenzen.

Wie das geht?
Insights rund um Marken, Namen, Worte und die eine oder andere Entstehungsgeschichte findet ihr auf unseren Social-Media-Kanälen. Oder im persönlichen Austausch – wir freuen uns drauf.

Euer Endmark Team